Bericht von der Veranstaltung der Offenbacher Friedensininitiative (OFI) am 11.3.2020 in Stadtbibliothek OF

Zufälliges Datum des Vortrags: 3 – 11- (three – eleven)? Der 9. Jahrestag der Katastrophe in Fukushima, was so nicht geplant war. Trotz der bedrückenden Daten angesichts des Nukleargaus gibt es einige Initiativen weltweit, auf die Referentin Regina Hagen hinweist, die jetzt versuchen den Schrecken der Atomkraftwerke zu vermindern. Neue Ideen von start-up-Unternehmen in den USA recyclen Brennstäbe aus alten Kernkraftwerken und erzeugen Strom: AKW-light, ohne Bedenken und dies mit Zustimmung der Energieatom-Behörde. Und schon haben wir die AKW-Problematik vom Tisch.

Dass dies eine Schimäre sei, führt Regina Hagen in ihren folgenden Darlegungen aus und verdeutlicht dies an zahlreichen Beispielen.

Regina Hagen ist die verantwortliche Leiterin der Quartalszeitschrift „Wissenschaft & Frieden“, Sprecherin der Kampagne „Büchel ist überall – atomwaffenfrei.jetzt“; Mitglied im Trägerkreis „Atomwaffen abschaffen – Bei uns anfangen!“

Sie erläutert dies am Beispiel der nuklearen Kette, die sie darlegt:

  1. Uranabbau – unter Einsatz von hohem Einsatz von Chemikalien und hohem C0² Ausstoß, das meiste Uran müsse angereichert werden
  2. Einsatz des Uran in Brennelementen, Einbau in Reaktoren
  3. Es entsteht Plutonium bei der Anreicherung, das auch für den Bau von Atom-Sprengsätzen verwendet werden kann
  4. Endprodukt ist
    1. Atommüll, für dessen Lagerung noch keine Lösung gefunden wurde
    2. Bau von Atombomben
    3. Einsatz bei Atomtests

Die Autorin schlägt einen historischen Bogen zur Thematik und verweist auf das Erschrecken der Weltgemeinschaft nach dem 2.Weltkrieg, nachdem die Auswirkungen der Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki bewusst wahrgenommen wurden: eine UN-Kommission versuchte 1946 den Einsatz der Atombomben wieder zu bannen – ohne Erfolg, wie wir alle wissen. Stattdessen begann im beginnenden Kalten Krieg der Wettlauf der Weltmächte, um sich in den Besitz der neuen Waffe zu bringen: USA – SU – China – F – GB. Selbst kleinere Staaten zeigten sich interessiert. So deklarierte der erste Bundeskanzler der BRD, Adenauer, verharmlosend den Besitz der Atombombe als den „verlängerten Arm der Artillerie“.

Angesichts dieser Situation entwickelte sich seit 1962 eine Bereitschaft der Atomwaffen-Staaten zu Verhandlungen über den Stopp der Nicht-Verbreitung: dies mündete

1968 in den Vertrag der Nicht-Verbreitung/Non-Proliferation der Atomwaffen (VVN):

  • Atomwaffen-Staaten dürfen ihre Waffen behalten, allerdings verpflichten sie sich zur Nicht-Weitergabe der Kenntnisse zum Bau der Waffe(Problem USA: Stationierung in zahlreichen Staaten)
  • Nicht-Atomwaffen-Staaten verpflichten sich, den Besitz nicht anzustreben (allerdings war die friedliche Nutzung des Atomenergie erlaubt)
  • Inkrafttreten 1970, Überprüfung alle 5 Jahre (trotzdem breitete sich der Besitz der A-Waffen aus: (Indien – Pakistan – Israel – Nordkorea) Jetzt 2020 steht eine neue internationale Konferenz zur NVV an (dieses Jahr wieder 2020)

In der Phase des Kalten Kriegs schlossen USA und SU zahlreiche bilaterale Verträge zur Begrenzung der Langstreckenwaffen (START), zum Verzicht auf Mittelstreckenwaffen (INF) mit begrenzter Laufzeit, von denen nur noch der START-Vertrag bis 2021 gültig ist. Andere wurden durch die US-Administration außer Kraft gesetzt und die Welt damit in ständig neue Rüstungsspiralen getrieben. Die Atomsprengköpfe der NATO auf den Tornados z.B. werden daraufhin modernisiert, dass sie nunmehr lenkbar sind, d.h. kleiner aber präziser. Damit sollen bunkerbrechende Waffen produziert werden. Die Folgen für die Aufrüstungsspirale in allen anderen Atomwaffenstaaten sind absehbar!!!

Regina Hagen verweist auf den Widerspruch, dass die offizielle Vision der BRD eine atomwaffen-freie Welt sei, der sich auch einige Parteien (LINKE – Grüne – SPD) verpflichtet fühlen. Andererseits existiere eine „nukleare Teilhabe“, d.h. zahlreiche Atomsprengköpfe sind in 5 NATO-Ländern stationiert (D – Belgien – Italien – NL – Tür), die für nukleare Missionen eigene Flugzeuge vorhalten und auf Einsatz des US-Präsidenten eingesetzt werden könnten. Diese Teilhabe wird nur von der Partei Die Linke konsequent infrage gestellt.

Wir begrüßen im Folgenden die ICAN-Botschafterin Elisabeth Sahr, die ihre Organisation und Ziele vorstellt.

ICAN ist eine internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen, die in ca. 100 Ländern aktiv ist. 2017 war diese Organisation so erfolgreich, dass ein wichtiges Ziel erreicht wurde, nämlich die Verabschiedung des UN-Vertrages zum Verbot der Atomwaffen, wofür sie im gleichen Jahr den Friedensnobelpreis verliehen bekam.

In Deutschland setzt sie sich für den Abzug der Atomwaffen ein und kann vor allem Jugendliche für ihre Kampagne ansprechen. Sie fordert verantwortliche Politiker*innen der BRD auf, neue Initiativen für Rüstungskontrolle und Abrüstung zu ergreifen. Somit wurde auch der ICAN-Städteappell ins Leben gerufen, dass sich Städte bereit erklären, das Verbot gegen die Anwendung von Atomwaffen zu unterstützen. Diesem Appell hat sich 2019 u.a. auch Offenbach mit dem Votum der Stadtverordnetenversammlung angeschlossen.

Alles in allem war diese Veranstaltung eine Bereicherung für uns als Friedensaktivist*innen, die sehr viel Input für weitere Infostände und Diskussionen gegeben hat.

Zu den Vollbildfotos auf externer Seite. copyright Fotos: Manfred Rößmann